… das gilt zumindest für mich! Ich kann Pflanzen nichts abgewinnen. Sie stehen rum, haben keine Hände, um die Leckerli-Dose zu öffnen, schmecken fad und reagieren beleidigt, wenn man sich zu ihnen in den Topf setzt, die Blätter abknabbert und abreißt.
Da sie sich als miese Spielgefährten erwiesen haben, dachte ich mir: Na zu irgendetwas muss das Grünzeug ja gut sein, wenn die Zweibeiner sie so leidenschaftlich gerne pflanzen, hegen und pflegen. Deshalb habe ich begonnen, mich mit Gartenliteratur zu beschäftigen und bin der Frage nachgegangen, wozu Pflanzen eigentlich taugen und warum die Menschen sich mit so vielen von ihnen umgeben. Sie müssen irgendeinen Sinn haben, der sich mir bisher noch nicht erschlossen hat!
Bei meinen Recherchen bin ich tatsächlich auf vier Buchreihen gestoßen, die mir erfolgreich dabei geholfen haben, meinen Frieden mit dem Gestrüpp zu machen. Spoileralarm: Mittlerweile liiieeebbe ich das multifunktionale Grün und bin Stammgast in der Gartenbuchabteilung!
Mit dem Wort „essen“ kann ich was anfangen
Zunächst entdeckte ich ein Buch namens „111 ungenutzte Pflanzen, die man gegessen haben muss“. Mit dem Wort „essen“ konnte ich im Gegensatz zu „Pflanzen“ etwas anfangen – also das perfekte Einsteiger-Buch für mich! Und tatsächlich entdeckte ich, dass Dahlienknollen im Ofen gebacken köstlich schmecken, Springkraut zu Marmelade verarbeitet werden kann und Gänsefuß als Seifenersatz dient. In derselben Buchreihe fand ich auch „111 tödliche Pflanzen, die man kennen muss“. Jetzt weiß ich auch, dass man nicht alles fressen darf, was einem vor die Pfoten läuft! 🙂
Pflanzen haben also doch mehr Sinn als bloß herumzustehen!
Pflanzen haben also doch mehr Sinn als bloß herumzustehen! Man konnte sie essen – aber nicht alle. War das schon alles oder können Pflanzen noch etwas? Auf einen weiteren Nutzen des populären Grünzeugs stieß ich in einem Buch des Südwest-Verlags. „Pflanzen als Medizin“. Wusstet ihr, dass Misteln gut für Herz, Blut und Gefäße sind, wie man Johanneskrautöl für Wunden herstellen kann und Brennnesselspülungen das Fell bzw. Haar stärken? Und weil mich der Ausflug in die Medizin hungrig gemacht hat, habe ich gleich noch „Wildpflanzen essen“ gelesen. Tolles Buch mit leckeren Rezepten! Mir als kleinem Schleckermäulchen haben es die Wildmöhrentorte mit Blüten und die sommerliche Gierschsuppe angetan.
Das grüne Gestrüpp kann auch als Beschattung dienen und Lebensräume schaffen
Schön langsam begann ich mich für das hübsche Grün zu erwärmen. Mit Essen und Fellpflege kann man mich einfach immer ködern. Und da entdeckte ich schließlich die „#machsnachhaltig“-Serie des Ulmer-Verlags. Dank dem Buch „Gartenabfall gibt’s nicht – Grünschnitt, Laub & Unkraut kreativ nutzen statt entsorgen“ fand ich heraus, dass Pflanzen durchaus auch Nahrungsquelle für kleinere Tiere wie Bienen sein können, gut duften und als Dünger ein zweites Leben genießen können, das wiederum für neues Leben sorgt. Auf Seite 118 befindet sich außerdem die Bauanleitung für Apfelschrumpfköpfe, in denen Vogelfutter steckt! Ein so ein Schrumpfkopf vorm Fenster aufgestellt und mein tägliches Kino an kalten Wintertagen ist gesichert.
Als Nächstes steckte ich mein Näschen in das Buch „Begrünen was geht“. Zäune, Mülltonnen, Mauern, Wände, Dächer und Wege – alles überlegt und mit Bedacht begrünbar. Das grüne Gestrüpp kann also auch als Beschattung dienen und Lebensräume schaffen. Moosgärten sind darüber hinaus sogar richtige kleine Kühlkammern an heißen Tagen.
All diese Informationen ließen meinen Magen wieder zu knurren beginnen – daher las ich im Anschluss „Nix bleibt übrig“ und, was soll ich sagen, nomen est omen. In diesem Ratgeber befinden sich seitenweise Rezepte rund um die Verwertung von Obst- und Gemüseresten. Ob Essbares wie Blumenkohl-Strunk-Schnitzel, Trinkbares wie Quittensirup aus Kerngehäuse und Zwetschkenkernlikör oder Dinge für die Schönheit wie Rhabarber-Duschschaum aus den Schalen – lauter tolle Anwendungsmöglichkeiten zur Restl-Verwertung.
Blumen können weder mauzen noch schnurren, Mäusejagen oder süß dreinschauen
Nach all diesen Büchern drängte sich mir schön langsam der Verdacht auf, dass dieses Grün ganz schön viel kann! Und dann fand ich heraus, dass Pflanzen sich sogar als Protagonisten für Krimis eignen. Ja, Pflanzen! Stinknormale, giftige Pflanzen. Blumen, die weder mauzen, noch schnurren, Mäusejagen oder süß dreinschauen können. Und doch faszinieren sie Autoren wie Leserschaft. Das fand ich nun doch ein wenig rätselhaft. Deshalb nahm ich mir ein paar dieser Kriminalgeschichten vor und ich verrate euch etwas: Ich fand sie großartig! Autorin Klaudia Blasl schreibt über die Abgründe der Zweibeiner und die gezielte Anwendung von fiesen Blumen und bösen Kräutern. Mit jeder Menge schwarzem Humor und klugem Sprachwitz ist das Krimi-Trio „Böse Blumen“, „Noch mehr böse Blumen“ und „Gärten, Gift und tote Männer“ eine lesenswerte Gartenlektüre für Hobbygärtner und auch für alle, die so wie ich, keinen grünen Daumen haben.
Als Fazit meines Ausflugs in die Gartenliteratur muss ich feststellen: Pflanzen sind vielleicht doch nicht ganz so unnütz und doof, wie ich zunächst dachte! Egal, ob in der Küche, als Medizin, Beschattung, Nahrung für Tiere, Lebensraum oder Romanfiguren – dieses langweilige, herumstehende, empfindliche grün-bunte Gestrüpp ist sogar richtig brauchbar.
Bis bald,
Euer Joey